Praxisfern, kompliziert und ineffizient
Position der DPolG Berlin zu den Messer-/Waffenverbotszonen
In Berlin werden drei Waffenverbotszonen bzw. Meserverbotszonen eingeführt. Dazu hat die DPolG Berlin folgende Kritik, Position und Forderungen.
1. Praxisferne Verordnung mit zu vielen Ausnahmen
Die Einrichtung von Waffenverbotszonen kann ein sinnvolles Instrument sein, wenn es klare Regeln, also nicht zu viele Ausnahmen gibt und die Verwaltungsgerichte mitziehen. Die aktuelle Verordnung jedoch ist praxisfern und mit zu vielen Ausnahmen versehen. Das erschwert eine effektive Durchsetzung. Zudem ist fraglich, ob die Verwaltungsgerichte mitziehen. Verstöße müssen konsequent geahndet werden, statt in langwierigen und ergebnislosen Bußgeldverfahren zu enden. "Ohne eine klare Linie wird die Verordnung zur reinen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Polizei, Ordnungsämter und Gerichte – ohne Mehrwert für die innere Sicherheit", betont der DPolG-Landesvorsitzende Bodo Pfalzgraf.
2. Durchsetzung kaum praktikabel
Die zahlreichen Ausnahmen, etwa für Picknick- und Grillutensilien, machen die Kontrollen kompliziert und ineffizient. Verdächtige Personen werden stets eine "Begründung" parat haben, warum das Verbot für sie nicht gilt. Die Polizei steht dann vor der Herausforderung, in jedem Einzelfall eine Berechtigung zum Führen eines Messers zu prüfen. Besonders in stark frequentierten Gebieten wie dem Görlitzer Park erschwert dies eine schnelle Einschätzung. "Die Gefahr von Missverständnissen oder Fehlentscheidungen steigt, und am Ende werden überlastete Gerichte über jeden Einzelfall entscheiden müssen. Das ist eine untragbare Situation für die Einsatzkräfte", erklärt der DPolG-Landeschef Bodo Pfalzgraf.
3. Hohe Zahl an Messerattacken: Problematische Gebiete identifizieren
Unstrittig ist, dass Berlin ein Problem mit Gewaltkriminalität hat. Auch wenn 2024 etwas weniger Messerangriffe als 2023 (3482 Fälle) registriert wurden, bewegen sich die Zahlen auf einem besorgniserregend hohen Niveau. Statistisch werden pro Tag ungefähr 9 Straftaten begangen, bei denen ein Messer im Spiel ist. "Als DPolG Berlin begrüßen wir zunächst einmal, dass der Senat den Handlungsbedarf erkannt hat und versucht, hier gegenzusteuern", sagt DPolG Landeschef Bodo Pfalzgraf.
Neben den drei festgelegten Waffenverbotszonen Görlitzer Park, Kottbusser Tor und Leopoldplatz sind aus Sicht der DPolG Berlin auch andere kriminalitätsbelastete Orte, wie der Hermannplatz oder das Umfeld des Bahnhofs Gesundbrunnen, potenzielle Kandidaten. Die Polizei trifft solche Entscheidungen nicht nach Bauchgefühl, sondern auf Basis kriminalstatistischer Analysen. Eine faktenbasierte Herangehensweise mit gezielten Kontrollen ist essenziell, um Gewalt effektiv zu bekämpfen. "Wir brauchen präzise Auswertungen und schnelle Reaktionsmöglichkeiten, um Entwicklungen nicht hinterherzulaufen", fordert Bodo Pfalzgraf.
4. Verbotszonen allein reichen nicht - was wir auch brauchen
Die hohe Zahl an Messerangriffen in Berlin zeigt den dringenden Handlungsbedarf. Waffenverbotszonen können ein sinnvolles Mittel sein, um Gewaltkriminalität einzudämmen, aber sie bekämpfen nicht die Ursachen. Ohne verstärkte Polizeipräsenz, konsequente Kontrollen, eine enge Zusammenarbeit mit der Justiz sowie gezielte Sozial- und Präventionsmaßnahmen bleibt der Effekt begrenzt. "Ohne die nötigen Ressourcen bleibt das nur ein Tropfen auf den heißen Stein", warnt DPolG Landesvorsitzender Bodo Pfalzgraf. "Das bedeutet auch, dass für die sinnvolle Durchsetzung des Waffenverbots viel Personal gebraucht wird. Das kann nur freigesetzt werden, wenn wir uns auf die Kernaufgaben der Polizei beschränken."
5. Forderung nach klaren Regeln und Personal
Unabhängig von Kriminalitätsstatistiken fordert die DPolG Berlin ein generelles Waffen- und Messerverbot auf Spiel- und Sportplätzen, in Schulen, Jugendeinrichtungen und öffentlichen Gebäuden. Es gibt keinen Grund, warum jemand beispielsweise im Jobcenter ein Messer dabeihaben sollte. Entscheidend ist zudem, dass die Polizei über ausreichend Personal verfügt, um die Einhaltung der Verbote effektiv zu kontrollieren. Sollte sich das Problem verlagern, muss schnell gehandelt werden, ohne endlose politische Debatten. "Die Politik muss uns die Mittel geben, um effektiv handeln zu können", fordert DPolG Landesvorsitzender Bodo Pfalzgraf.
Die DPolG Berlin empfiehlt der Politik, mehr auf die Expertise der Fachleute zu setzen. "Beim Thema Innere Sicherheit sind das unsere Kolleginnen und Kollegen von der Polizei", stellt Bodo Pfalzgraf klar.
Anbei finden Sie unser Positionspapier zum Ausdrucken & zum Weiterleiten.
Mehr Meinung, mehr Einschätzung, mehr Vorschläge:
5-Punkte-Plan zur Inneren Sicherheit: "Immer mehr Kinder und Jugendliche greifen mit Messern an", 27.9.24
Forderung nach Strafrechtsverschärfung: "Mindestens 3 Jahre Freiheitsstrafe für best. Messerangriffe", 8.8.24
Gefährliches Berlin: Immer mehr Rohheitsdelikte - Wir erleben eine Kettenreaktion der Gewalt", 12.1.24
Zum Hintergrund:
Die Berliner Waffenverbotszonen sind bestimmte Gebiete, in denen das Mitführen von Waffen und Messern verboten ist, um Gewaltkriminalität einzudämmen. Sie gelten ab dem 15. Februar 2025 an kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Leopoldplatz, dem Kottbusser Tor und dem Görlitzer Park. Ausnahmen gibt es für bestimmte Berufsgruppen und Zwecke. Verstöße können als Ordnungswidrigkeit mit hohen Geldbußen - bis zu 10.000 Euro - geahndet werden.
Hier geht es zur Verordnung bei der Senatsverwaltung für Justiz.
Unsere erste Reaktion auf X.
Die DPolG im rbb zu Messerverbotszonen im Panorama und in der Abendschau.